„Sei beglückwünscht, Hattersheim, Deines kostbarsten Gutes wegen!“ Spes-unica-Sonntag 2024 in Hattersheim

Quelle: Distrikt Deutschland

„Genau heute vor 100 Jahren wurde in Wiesbaden Pfarrer Hans Milch geboren. Es ist eine schöne Fügung, dass diese Glaubenskundgebung exakt an seinem Geburtstag stattfinden kann. Ohne Pfarrer Milch wären wir nicht hier, diese Veranstaltung gäbe es nicht.

Ohne Pfarrer Milch gäbe es weder die Kapelle St. Athanasius an der Schulstraße noch die dortige Gemeinde. Ohne Pfarrer Milch würde unsere Priesterbruderschaft kaum in Hattersheim wirken.“

Mit diesem Gedenken eröffnete Pater Stefan Pfluger am 17. März 2024 seine Predigt zur heiligen Messe in der Hattersheimer Stadthalle.

Die Gebets- und Sühnegemeinschaft Actio Spes unica hatte zum 100. Geburtstag ihres Gründers, des 1987 unter tragischen Umständen zu Tode gekommenen Pfarrers Hans Milch, zu einer Glaubenskundgebung eingeladen.

 

Pfarrer Hans Milch

Am 17. März 1924 in Wiesbaden in eine protestantische Familie geboren, lernte Johannes Philipp Milch nach dem Zweiten Weltkrieg in einem amerikanischen Gefangenenlager den katholischen Glauben kennen, konvertierte im Jahre 1946 und wurde am 8. März 1953 zum Priester geweiht. Nach Kaplanstellen in Lorch am Rhein, Rennerod im Westerwald und im Frankfurter Dom wird er 1962 zum Stadtpfarrer von Hattersheim ernannt.

Unter seiner Leitung wird die Hattersheimer Gemeinde in den siebziger Jahren zu einem Zentrum des Widerstands der katholischen Traditionsbewegung gegen die vom Zweiten Vatikanum ausgelösten Neuerungen in Kirchenlehre und Liturgie. Wegen seiner zunehmenden Kritik am Verhalten der Bischöfe und seiner Verbundenheit zu dem bereits 1976 ungerecht suspendierten Erzbischof Marcel Lefebvre wurde Pfarrer Milch Ende 1979 selbst seines Amtes als Pfarrer enthoben.

Nach einigen Jahren in provisorischen Unterkünften setzt er sein Wirken im neugebauten Messzentrum St. Athanasius in der Hattersheimer Schulstraße fort, bis er im Jahr 1987 in seiner Wiesbadener Wohnung von einem Geisteskranken ermordet wurde.

Seit dem Tod Pfarrer Milchs wird die Athanasius-Gemeinde von Patres der Priesterbruderschaft St. Pius X. religiös und seelsorgerisch betreut und geführt.

Die Actio spes unica konzentriert sich seitdem darauf, das Werk ihres Gründers zur Inspiration der katholischen Erneuerung zu bewahren und zu verbreiten.

 

Spes-unica-Sonntag 2024

Über 300 Gläubige waren der Einladung gefolgt, um am „Spes-unica-Sonntag“ ein Bekenntnis zur katholischen Tradition und den sie bewahrenden Kräften abzulegen. Schon am Vorabend war mit einer Lichterprozession zur Pfarrkirche Sankt Martin, an der Pfarrer Milch von 1961–1979 wirkte, ein religiöses Zeugnis abzulegen.

Im Mittelpunkt der Glaubenskundgebung stand die Feier des heiligen Messopfers, das wegen der großen Zahl der Teilnehmer in der Stadthalle gefeiert wurde. Damit ist der Ort in gewisser Weise ein Zeichen für die ungerechte Unterdrückung der überlieferten Liturgie in Folge des II. Vatikanischen Konzils, wie der hl. Athanasius, der Patron der von Pfarrer Milch gegründeten Notgemeinde, in seiner Zeit einem treuen Katholiken tröstend sagte: „Jene können unsere Kirchen besetzen, aber sie stehen außerhalb des wahren Glaubens. Du bleibst außerhalb der Kultstätten, aber der Glaube wohnt in dir.“ Der Widerstand gegen Liturgie- und Konzilsreformen war für keine Pfarrer Milch keine Kleinigkeit. Hier ging es um nichts weniger als um den Glauben. 

Die Musica sacra der göttlichen Liturgie wurde durch den Sankt-Theresien-Chor unter der Leitung von Dr. Johannes Laas gewährleistet, der aus dem rheinischen Schönenberg nach Hattersheim gekommen war, um die langjährige und herzliche Verbindung der Actio spes unica mit dem dortigen Theresien-Gymnasium zu unterstreichen.

 

Der Lefebvre-Moment

Pater Stefan Pfluger erinnerte in seiner Predigt an den „Lefebvre-Moment“ im Leben von Hans Milch und ließ den charismatischen Pfarrer mit Zitaten zu Wort kommen:

„Pfarrer Milch war sehr kirchlich gesinnt. Es war für ihn kein Leichtes, sich den kirchlichen Autoritäten entgegenzustellen. Aber er verstand: 

‚Es ist für uns die Stunde des absoluten Gehorsams gegenüber dem einzigen Souverän, der absoluten Gehorsam beanspruchen darf: den ewigen Wahrheitsinhalten und Geheimnissen der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche! Diesem Gehorsam muss jeder andere Gehorsam, wenn es nottut, geopfert werden.‘“ 

Nach der Einschränkung der alten Messe durch Papst Franziskus schrieb ein Kommentator, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, wo die traditionell eingestellten Gläubigen und Gemeinschaften ihren „Lefebvre-Moment“ brauchten.

Gemeint war: um des höchsten Gutes willen – der Treue Gott und dem Glauben gegenüber – gegen Gesetze oder Vorschriften des Stellvertreters Christi zu verstoßen!

Pfarrer Milch hatte diesen Moment schon vor 45 Jahren!

„Wir bekennen uns bedingungslos zu Weg und Wort des Hochwürdigsten Herrn Erzbischof Marcel Lefebvre! In ihm und seinem Werk, in den von ihm geweihten Priestern grüßen wir die mächtige Hoffnung und Verheißung der von uns allen heiß ersehnten großen Wende, Oase des Katholischen und Inbegriff des Weiterlebens und Weiterwirkens unserer heiligen Kirche in ihrem wahren Wesen über die furchtbare Phase der Verfälschung hinweg, in der wir leben.  Sein, Erzbischof Lefebvres, Werk und Wille ist uns allen das befreiende ‚Dennoch‘, Kern und Garantie katholischer Kontinuität, Fels in der Brandung. Wir sind ihm verschworen!“ bekundete Pfarrer Milch.

 

Pater Stefan Pfluger erinnerte an den 17. Oktober 1982. An diesem Tag weihte auf Einladung und Bitte von Pfarrer Milch Erzbischof Marcel Lefebvre die Sankt-Athanasius-Kapelle, die bis heute ein Leuchtturm der katholischen Tradition im Rhein-Main-Gebiet ist. Pfarrer Milch konnte in seiner damaligen Einladung den Gläubigen zurufen: 

„Wir sind stolz, den mutigen Glaubenskämpfer, den Athanasius unserer Zeit, in unserer Mitte zu wissen! Hattersheim – so dürfen wir getrost und kühn in Anlehnung an das auf Bethlehem bezogene Propheten-Wort sagen – Hattersheim – Du bist kei­nes­wegs die geringste unter den kleinen Städten Europas! Denn in Dir hat sich aufgerichtet als heiliges Zeichen der ewigen katholischen Wahrheit ein Kirchlein – innen durchstrahlt vom Glanz des Himmlischen, innig wie der Stall von Bethlehem, von den Heerscharen der Engel umgeben wie dieser, ein Ort des schauererregenden Mysteriums wie Tabor, Mitte der Welt wie Kalvaria – eine heilige Stätte, in der ein jeder jeweils neu die Geburt und Bestätigung seiner einmaligen und ewigen Bedeutung und Berufung erfährt angesichts des menschgewordenen und geopferten Gott-Sohnes, der da im Tabernakel weilt. Hier wird das heilige Opfer sich ereignen! Hier werden die Sakramente gespendet werden! Hier wird der Sitz sein des Weltensinnes! Inmitten einer Zeit der Verirrung und der Verödung der Geister ist hier aufgerichtet ein Garant des Ewigen und Unvergänglichen, des Unveränderlichen, des heiligen Erbes, das es zu bewahren und damit zu entfalten gilt! Sei beglückwünscht, Hattersheim, Deines kostbarsten Gutes wegen!“

 

Vortrag von Dr. Wolfgang Schüler

Am Nachmittag hielt einer der treuen Weggefährten von Hans Milch, der Wiesbadener Gelehrte Dr. Wolfgang Schüler, einen Gedenkvortrag. Der Biograph des Hattersheimer Pfarrers (Eine große Stimme des katholischen Glaubens, Sarto 2005, 2 Bände) hatte erst vor wenigen Monaten eine Studie von fast 2000 Seiten vorgestellt, die den Kampf der vorkonziliaren Päpste gegen den Modernismus und seinen Durchbruch auf dem II. Vatikanum untersucht. Dieses opus magnum mit dem Titel Rom gegen Rom (Sarto, 2024, 3 Bände) sei hier den Lesern, die wachen Sinnes den Glaubenskampf unserer Zeit verstehen möchten, sehr ans Herz gelegt.

 

Pater Stefan Pfluger dankte als Distriktoberer der Priesterbruderschaft in Deutschland allen Helfern und der actio spes unica für die gelungene Veranstaltung, die am Abend mit dem Segen mit dem höchsten Gut in der Monstranz abgeschlossen wurde. Deo gratias!